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„im sommer hatte ich eine umarmung“ von Adrian Kasnitz

Unscheinbar beginnen die Gedichte von Adrian Kasnitz meist – und dann ist man auf einmal mittendrin: in einem Thema, einer (Ehr)Furcht, einer existenziellen Zerrissenheit oder, auch, in einem Sud aus Gefühlen, edlen und niederen, nur dass sie bei Kasnitz nicht in diesem Sinne gewertet werden, sondern einfach gegenwärtig sind. Umtriebig sind diese Gedichte – die lyrischen Ichs treibt vieles um. Und Triebe, obgleich nicht plump als Zugpferd missbraucht, als Neonschild angebracht, spielen eine nicht unbedeutende Rolle.

Man weiß in der Folge nie genau, wo man landet, wenn man die Texte betritt; ob die nächsten Verse einen Ort der Reflexion oder sogar der Besinnlichkeit darstellen oder ob man sich flugs außerhalb der (eigenen) Komfortzone(n) wiederfindet. Denn diese Texte nehmen das Blatt nur vor den Mund, um ihm den Geruch des Lebens – Aroma, Note, Pheromone, Mief, Gestank? – einzuhauchen.

Ansonsten führt das Buch einmal quer durch Europa und durch die letzten Jahre; Corona und der Ukraine-Krieg haben dabei einige Spuren hinterlassen, vor allem Corona. Istanbul, Prag, eine Hütte im Wald, Lissabon und Madrid, ein Jauchewagen bei Fulda, das who is who der Örtlichkeiten verspricht eine bunte Party, ist aber eher ein Kabinett verschiedener Spiegel. Wieviel von dem Bild, das man darin sieht, ist dem Ort geschuldet, wieviel den Umständen… Die Umstände sind es meist, die sprechen, sich um und über die Orte legen, sie ausfüllen.

Stellenweise hat mich Kasnitz neustes Buch regelrecht begeistert. Die ambivalent austarierten und dennoch enormen Energien in den Gedichten, die Stimmungen von unterschiedlicher Dichte und Coloeur, die tiefe (Un)Ruhe, die manchmal aus ihnen aufsteigt, sie (und die Leser*innen) einhüllt, das alles sorgt für ein sehr eindringliches Leseerlebnis.

Im zweiten Teil lässt die Wucht etwas nach und eine gewisse, den Zugang dann und wann erschwerende Eigenwilligkeit kann man auch nicht wegdiskutieren. Aber genau darin liegt auch die Stärke der Texte, daher kann man schwerlich von einem echten Manko sprechen.

von Timo Brandt, Link zum Original auf Instagram mit mehr Lesebeispielen

90 Seiten, Preis: 14,- €

Link zur Verlagsseite

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